Montag, 30. September 2013

Wertvolle Äpfel von Streuobstwiesen


Die Obsternte in meinem Wohnumfeld in Nord-Württemberg setzt in diesem Jahr spät ein, sie fällt nicht so hoch aus wie sonst und die Äpfel sind relativ klein. Ich beobachte, dass viel Obst auf dem Boden liegt und verkommt. Kaum jemand macht sich die Mühe, die Äpfel und Birnen aufzulesen. Als Gründe höre ich: Das Bücken ist zu mühsam oder: Die Mosterei liegt zu weit weg, so dass sich die Anfahrt nicht lohnt. Der am häufigsten genannte Grund ist jedoch, dass die Mostereien nicht genügend Geld zahlen. (Die Mostereien kaufen den Anlieferern das Obst ab oder sie schreiben ihnen ein Kontingent gut, für das sie Apfelsaft bekommen können.) Diese Aussage stimmt jedoch nach meiner Erfahrung nur bedingt. Ein Zentner oder ein Doppelzentner Äpfel sind schnell zusammengelesen und das körperliche Arbeiten in frischer Herbstluft macht die Apfelernte und das Äpfelzusammenlesen zu einer angenehmen Tätigkeit, die ich persönlich nicht als Arbeit ansehe, sondern die ich wirklich gerne tue.

Mit dem Bewirtschaften von Streuobstwiesen lässt sich in idealer Weise nachhaltiges Wirtschaften demonstrieren. Nicht nur darüber reden und das toll finden, sondern es auch wirklich tun und zwar dann, wenn das Obst unten liegt. Ich halte es für sehr wichtig, einheimisches Obst zu verwerten. So haben Streuobstwiesenbesitzer wenigstens einen kleinen Nutzen und sie tragen dazu bei, dass wir uns in Deutschland zu einem kleinen Teil mit heimischem Obst versorgen können. Ein hoher Prozentsatz des zu Apfelsaft verdünnten Apfelsaftkonzentrates stammt nämlich aus China.

Sonntag, 29. September 2013

Urban Gardening und Kommerz II


Nicht nur Motorgerätehersteller (siehe Blog-Beitrag vom 28.9.2013  "Urban Gardening und Kommerz I"), sondern auch Profigärtner und Händler von Pflanzen und Gartenzubehör entdecken Urban Gardener als potentielle Kunden. Sie richten ihr Angebot nicht mehr nur an ihr klassisches Zielpublikum der Gartenbesitzer oder Kleingartenpächter, sondern auch an Leute in der Stadt, die gar keinen Garten haben und irgendwo und irgendwie versuchen, Pflanzen zu kultivieren. Oft unter unmöglichsten Bedingungen im Haus, in schattigen Innenhöfen, unter Bäumen oder an Fassaden. Im Extremfall findet Urban Gardening in Form von Werfen von Samenbomben statt. Das nennt sich dann Guerilla Gardening. Der Natur bringt das kaum etwas, denn nur ein geringer Prozentsatz der auf diese Weise ausgebrachten Samen dürfte sich zu ausgewachsenen Pflanzen entwickeln. An so etwas Grundsätzliches, dass Pflanzen die passenden Standorte brauchen, oder dass es so etwas wie Konkurrenz im Pflanzenreich gibt, denken die Samenbombenwerfer nicht. Von den teuren Samenkugeln in auf die Zielgruppe gerichteter Verpackung profitieren allenfalls Hersteller und Händler.

Samstag, 28. September 2013

Urban Gardening und Kommerz I


 Es war vorauszusehen: Gerätehersteller und Händler haben „Urban Gardener“ (wobei noch darüber zu diskutieren wäre, wer das eigentlich ist) als neue Kundschaft entdeckt. Die Hersteller und Verkäufer von Gartenzubehör wittern einen neuen Absatzmarkt für Motor- und Akkukleingeräte, für Pflanzbehälter, Hochbeete, Erden, Dünger usw. Ein Ärgernis sind vor allem die Elektrokleingeräte – die Rasentrimmer, Heckenscheren, ja, sogar Gartenscheren und Laubsauger. Das braucht man nach meiner Einschätzung alles nicht. Eine gute (!!!) Gartenschere genügt.

In der Frankfurter Allgemeine stand kürzlich sogar ein Artikel „Bosch entdeckt den urbanen Kleingärtner“. Der Autor verglich völlig unreflektiert technische Details von Elektro-Kleingeräten, ohne auch nur auf den Aspekt Ressourcenschonung einzugehen. Kaum zu glauben! Die Herstellung und der Gebrauch dieser Geräte verschluckt nun einmal Rohstoffe und Energie. Wollen wir für solchen überflüssigen Schnickschnack unsere Landschaft mit Riesentürmen für die Windkraftanlagen verschandeln lassen??

So wird die Intention der Urban Gardener, die wahrscheinlich eher ressourcenschonende Selbstversorgung und eben nicht das Kaufen von Stromverschwendern im Sinn hatten  und einen Gegenentwurf zum herkömmlichen Wirtschaften verwirklichen wollten, ins Gegenteil umgekehrt.

Montag, 23. September 2013

Urban Gardening - wenig Gartenbau, viel Aktionismus


Offenbart sich in den Stadtgärten wirklich ein neuer Trend des Gärtnerns? Man schaue sich „Urban Gardening“-Projekte vor Ort an und verlasse sich nicht auf die schönfärberischen Bilder in den Magazinen; dann bietet sich oft ein wenig einladender Anblick von kümmerlichem Gemüse in Kisten. Meine 84-jährige Mutter, die ihren sehr großen Nutzgarten sorgfältigst bewirtschaftet, schüttelte beim Betrachten der Container in Berliner Projekten nur den Kopf. Ihr Kommentar: „Das sollen Gärten sein?“

Auf dem Tempelhofer Feld in Berlin im Oktober 2012. Foto: Bross-Burkhardt

In der Tat entsprechen die Beispiele nicht landläufigen Vorstellungen von einem Garten. Ich halte sie eher für soziologische Experimentierfelder für entwurzelte Großstädter, die gerne unter Anleitung gemeinschaftlich etwas tun und der Natur verbunden sein wollen. Alles bleibt indes unverbindlich und temporär.

Gartenbau im eigentlichen Sinn verfolgt dagegen einen anderen Zweck und ist auf Langfristigkeit angelegt. Ziel ist, Essbares zu ernten. Für gute Ernten kommt es darauf an, den Boden zu pflegen, ihn ertragsfähig zu halten. Das verlangt kontinuierliche Zuwendung und stete Arbeit über Jahre und Jahrzehnte.

Dies demonstrieren die Bäuerinnen und Bauern und sehr viele Landbewohner in ihren Nutzgärten schon von jeher, ohne viel Aufhebens davon zu machen. In ihren Gärten gedeiht das Gemüse und das Obst, mit denen sie sich zu einem guten Teil selbst versorgen. Diese Gärten sind wichtiger Teil des Alltagslebens in den Familien, und das oft schon seit Generationen. Sie sind nicht die Bühne für Selbstinszenierungen und Schauplatz einer beliebigen Freizeitaktivität, die grade „angesagt“ ist. Diejenigen, die diese Gärten bewirtschaften, und nicht die Möchtegern-Gärtner in der Stadt, verdienten Anerkennung und viel mehr Beachtung in der Öffentlichkeit.