Vorträge und Publikationen über Gertrud Francks Mischkultursystem
Von Dr. Brunhilde
Bross-Burkhardt
Gertrud Franck sah ich das erste Mal im Winter 1975/76 auf
einer Veranstaltung der Bauernschule Hohenlohe in Kirchberg-Weckelweiler. Ich
nahm dort an einem Einführungskurs in biologische Wirtschaftsweisen teil. Sie
referierte, wie schon so oft zuvor, über die Mischkultur. Ihre Anbauweise
faszinierte mich. Damals ahnte ich jedoch noch nicht, dass sie in meinem
späteren Leben ziemlich wichtig für mich werden sollte. Ich hatte damals gerade
mit dem Landwirtschaftsstudium in Hohenheim begonnen und wollte alles anders
machen, neuen Ideen nachgehen, die Menschheit beglücken. Da kam der biologische
Anbau mit allen Facetten gerade recht. Ich besuchte auch die studentische
Bioanbau-Arbeitsgruppe, die es damals in Hohenheim gab.
Nach dem Vordiplom wechselte ich an die
Christian-Albrechts-Universität in Kiel. Eine meiner ersten Aktionen dort war,
einen Kleingarten zu pachten und mit der Mischkultur loszulegen. Einige
Teilnehmer unserer Arbeitsgruppe „Biologischer Anbau“ konnte ich zum Mitmachen
gewinnen. (Im Endeffekt war es dann doch hauptsächlich ich, die den Garten
betreute.) Das Gartenexperiment scheiterte ziemlich, jedoch aus einem anderen
Grund. Ich hatte, ahnungslos, eine Parzelle in einer Senke gepachtet, die von
tiefreichenden Ackerschachtelhalmrhizomen durchzogen war. Die
Mischkulturexperimente mündeten deshalb hauptsächlich in einen Kampf mit dem
schlimmen Wurzelunkraut. Parallel zu den privaten Gartenexperimenten legte ich
zusammen mit Kommilitonen auf dem Gelände eines Biobauern Parzellenversuche an
– Untersaaten in Getreide usw. Diese werteten wir auch aus.
Die Begeisterung fürs biologische Gärtnern war so groß, dass
ich mich entschloss, einige Wochen lang im „Schulungszentrum Hohenbuchen“ in
Hamburg mitzuarbeiten. Auch dort wurde Gemüse in Mischkultur angebaut. Einige
Dias vom dortigen Anbau habe ich noch im Archiv. Ich war so überzeugt von der
Methode, dass ich im letzten Studienjahr 1980 an der Volkshochschule in Kiel
einen Kurs „Biologisch gärtnern“ anbot.
Gegen Ende des Studiums war mir klar, dass ich im Bereich
des biologischen Anbaus beruflich tätig werden wollte. Es gab verschiedene
Optionen, u.a. auch wissenschaftlich zu arbeiten. Ich entschied mich jedoch für
eine Mitarbeit bei der Gesellschaft Boden und Gesundheit e.V., wo ich die
einmalige Chance hatte, die Nachfolge von Wolfgang von Haller als
Schriftleiterin anzutreten. Und da schloss sich der Kreis. Bei der Gesellschaft
Boden und Gesundheit kam ich sofort wieder mit Gertrud Franck und der
Mischkultur in Berührung. Im gleichnamigen Verlag war nämlich ihre kleine
Mischkulturbroschüre erschienen. Wolfgang von Haller hatte Gertrud Franck
bereits in den 1950er-Jahren entdeckt bzw. Gertrud Franck kam auf Wolfgang von
Haller zu. Sie schrieb im Verlauf mehrerer Jahre einige Zeitschriftenartikel
über ihre Anbauweise für das „Nachrichtenblatt Boden und Gesundheit“,
illustriert mit Fotos ihres Mannes Dr. Hannfried Franck. Wolfgang von Haller
kam auf die Idee, die gesammelten Zeitschriftenartikel zusammenzufassen und
eine Broschüre daraus zu machen. Diese erschien in dem kleinen Verlag Boden und
Gesundheit und hatte großen Erfolg. In mehreren Auflagen bis 1980 wurden etwa
50 000 Exemplare gedruckt. Besonders große Nachfrage gab es Ende der
1970er-Jahre mit der hochschwappenden Öko-Bewegung. Da wollten plötzlich viele
umweltbewusste Menschen giftfrei anbauen und suchten nach praxisnahen
Anleitungen, sich selbst zu versorgen.
Gertrud Franck hatte sich zu der Zeit bereits mit Wolfgang
von Haller überworfen. Ihr neues, umfangreicheres Mischkulturbuch verlegte
Georg E. Siebeneicher. Der hatte sie zu dem Werk ermutigt. Ihr Mann
fotografierte auch für dieses Buch selbst im Mischkulturgarten in
Schwäbisch-Hall-Oberlimpurg. Die Francks hielten trotz des Zwists mit Wolfgang
von Haller weiter Kontakt zu Boden und Gesundheit. Gertrud Franck gewann
Jakobus Langerhorst, der in Österreich einen kleinen Gärtnerhof betrieb, für
Boden und Gesundheit weiter Artikel über seine Mischkulturerfahrungen zu
schreiben. Ich besuchte Gertrud Franck in ihrem Haus und Garten auf der
Oberlimpurg. Es war ein moderner Bungalow, neben dem Gutsgebäude der Saatzucht
Oberlimpurg, die ihr Mann an den Sohn Peter übergeben hatte.
Gertrud und Hannfried Franck 1982 im Gespräch mit Georg Schallenberger. Foto: Schallenberger |
Es war für mich selbstverständlich, dass ich gleich nach
meinem Start bei Boden und Gesundheit einen Kurs „Biologisch gärtnern“ anbot,
zunächst an der Volkshochschule in Künzelsau. 10 Abende lang war dieser Kurs,
den ich zusammen mit meinem damaligen Freund und Studienkollegen Carsten Lüthje
hielt. Dort konnten wir unser Uni-Wissen gepaart mit dem praktischen Wissen an
wirklich interessierte Kursteilnehmer weitergeben. Diesen langen Kurs hielten
wir mehrmals. Wir bauten jeweils einen Praxisteil ein sowie eine Exkursion. Im
Praxisteil demonstrierten wir in einem Privatgarten, wie man kompostiert. Aus
dem Pachtgarten in Kiel, aus dem Boden-und-Gesundheit-Garten und aus diversen
Praktika auf Höfen hatten wir die nötige Erfahrung. Zur Veranschaulichung
zeigten wir Dias, teils eigene, teils von Gertrud Francks Mann Dr. Hannfried
Franck ausgeliehene Dias in Glasrähmchen.
Gertrud Francks Mischkulturplan für die Landesgartenschau in Schwäbisch Hall 1982. |
In meine beiden Jahre als Schriftleiterin des
Nachrichtenblattes Boden und Gesundheit fiel auch die Landesgartenschau in
Schwäbisch Hall. Gertrud Franck plante den Mischkulturgarten aus dem
Ausstellungsgelände. Er lag malerisch zu Füßen der Klosteranlage Comburg.
Hans-Martin Scharpf, der Begründer von „Bioland“ und damalige 1. Vorsitzende
der Bioanbau-Organisation, legte den Garten an. Ich war also mittendrin im
Geschehen des Aufbaus der Anbauorganisation. Die Landesgartenschau in
Schwäbisch Hall war damals die zweite dieser Art in Baden-Württemberg. Die
„Arbeitsgemeinschaft für Bodenfruchtbarkeit und Qualitätserzeugung e.V.“ hatte
es sich zur Aufgabe gemacht, Lehrgärten auf Landesgartenschauen zu betreiben.
Ihre Mitglieder und die des Partnervereins „Arbeitsgemeinschaft für gesunde
Lebensweise“ betreuten die Anlage und standen als Ansprechpartner für
biologisches Gärtnern vor Ort zur Verfügung. Auch ich war zur Betreuung des
Mischkulturgartens eingeteilt. Ich kann mich genau erinnern, dass die Leute
sich wunderten, wie der Francksche Garten mit den Liniensaaten von Spinat und
Ackerbohne und den gemulchten Reihen aussah. Den meisten gefiel diese
„unordentliche“ Anlage nicht.
Gertrud Franck, die damals 77 oder 78 Jahre alt war, wollte
sich dann allmählich zurückziehen. Sie bat mich, einen Teil ihrer Vorträge zu
übernehmen. Sie hatte Einladungen aus allen Teilen der Bundesrepublik. So kam
es, dass ich zu Vorträgen nach Aachen und Hannover und sonstwohin fuhr und ihre
Mischkulturmethode vorstellte – mit eigenen Dias und mit einer Diaserie von
ihr. Auch einen Teil der Bauernschulkurse übernahm ich von ihr. Die Leute waren
damals für praktische Anregungen sehr dankbar. Es gab auch viele schriftliche
Anfragen. Die Leute wollten giftfrei gärtnern und da schien die
Mischkulturmethode die geeignete zu sein. Volkshochschulen boten damals Kurse
und einzelne Vorträge an. Beim baden-württembergischen Volkshochschulverband
gab es sogar einen Mitarbeiter, der diese Kurse koordinierte und Treffen der
Kursleiter veranstaltete. Von diesen Treffen wurden sogar Dokumentationen
erstellt. (Diese Teilnehmerliste habe ich. Viele bekannte Persönlichkeiten der
späteren Bioanbauszene finden sich auf der Teilnehmerliste.)
Kirchliche Institutionen entdeckten ebenfalls die
gesellschaftliche Bedeutung des Bioanbaus. Sie boten Kurse und einzelne
Vorträge an. Mit etwas Verzögerung folgten die Landfrauenvereine. Da es von
diesen so viele gab (und gibt) war insgesamt die Nachfrage nach Vorträgen von
dort am größten. In der heißen Phase in den 1980er-Jahren hielt ich sicher
einige hundert Vorträge über Mischkultur und Bioanbau allgemein. In einer Woche
waren es einmal 10 Vorträge, an jedem Wochentag zwei, einer nachmittags, einer
abends! Ein unglaubliches Pensum.
Parallel zu dieser mehr praktischen Arbeit versuchte ich
weiter wissenschaftlich zu arbeiten. Besorgte über Fernleihe Artikel zur
Mischkulturthematik und zu angrenzenden Themengebieten wie der Allelopathie bei
Pflanzen. Dies mit der vagen Idee, darüber einmal zu promovieren. Meine
Mischkulturrecherche in dieser Zeitphase kam mir Jahrzehnte später zugute, als
ich tatsächlich an meiner Dissertation arbeitete.
Nach meiner Kündigung bei „Boden und Gesundheit“ führte ich für
die Redaktion einige Zeit weiter und blieb deshalb weiter in Kontakt mit den
Mitgliedern und Autoren. Die meisten Kontakte erhielt ich aufrecht, als ich
freiberuflich für Georg E. Siebeneicher und dann als Schriftleiterin der von
mir neu konzipierten Zeitschrift „GartenLand“ arbeitete. Bei „GartenLand“ stand
die Mischkultur ganz oben auf der Themenliste. Ich bzw. die anderen Autoren
versuchten das doch etwas komplizierte Mischkultursystem möglichst anschaulich
darzustellen. Es war immer die Schwierigkeit, dieses zeitlich und räumlich
ineinandergeschachtelte System verständlich darzustellen. Das ging nur mit
Fotos, die die Abfolge in der Mischkultur zeigten, ersatzweise mit Zeichnungen.
Man brauchte, um alles richtig zu machen, immer eine schriftliche Anleitung.
Nur so aus dem Kopf ließ sich das nicht machen. Deshalb gingen viele
Mischkulturgärtner mit dem Büchlein von Gertrud Franck oder mit selbst
gezeichneten Plänen in den Garten, um alles richtig zu machen. Es kam ja
schließlich auf die richtige Kombination an. Und es kam auf die richtigen
Reihenabstände an. Die mussten exakt ausgemessen werden. (Gertrud Franck selbst
hatte in ihrem Garten eine geschickte Einteilung. Sie orientierte sich am Maß
der Platten auf ihren Gartenwegen. Sie hatte bewusst Platten mit den Maßen 50 x
50 cm verlegt und konnte so immer die Pflanzschnur am Stoß oder auf halber
Strecke stecken.) Solche Details ließen sich gut vermitteln.
Mein weiterer beruflicher und privater Weg führte mich
zunächst nach Neumarkt in der Oberpfalz und schließlich nach
Stuttgart-Hohenheim zum Verlag Eugen Ulmer. Dort konnte ich das Francksche
Mischkultursystem zunächst in der Zeitschrift „GartenLand“ vorstellen. Nach dem
Verkauf der Zeitschrift kam ich in die Position als Redakteurin beim
„Württembergischen Wochenblatt für Landwirtschaft“, wo ich für die Gartenseiten
(Rubrik „LandGarten“ ) und andere wechselnde Rubriken verantwortlich war. Auch
da brachte ich Beiträge über die Mischkultur.
Allerdings gab es da eine Zäsur. Nach der
Tschernobylkatastrophe 1986 wollte niemand mehr etwas von Bioanbau und
Gemüseanbau im Garten wissen. Ab da gab es kaum noch Nachfrage nach Vorträgen.
Der Kontakt zu Gertrud Franck blieb weiter bestehen. Sie
nahm Ende der 1980er-Jahre Kontakt zu mir auf und teilte mir mit, dass sie und
ihr Mann jetzt in einem der Hannibal-Hochhäuser in Stuttgart-Birkach leben
würden. Haus und Garten auf der Oberlimpurg blieben zurück. Eine radikale Zäsur
für Gertrud und Hannfried Franck!
Ich besuchte die beiden zusammen mit meinem Mann häufig. Sie
erzählten viel über ihr langes Leben, die vielen Menschen, mit denen sie
Kontakt gehabt hatten. In ihrer Hochhauswohnung mit dem weiten Blick über die
Filderebene und das Gelände der Universität Hohenheim wandten sich Gertrud Franck und ihr Mann nun anderen Themen zu: Sie
arbeiteten an einer Dokumentation der eigenen Familiengeschichte und an einer
Dokumentation der Bauernschulen in Württemberg. Diese Dokumentationen ließen
sie in kleiner Auflage drucken. Sie lieferten mir weitere Einblicke in die
Entstehungsgeschichte des biologischen Anbaus.
(Gertrud Francks Wirken muss auch im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit ihres Mannes Dr. Hannfried Franck gesehen werden. Der Saatzuchtunternehmer Dr. Hannfried Franck wurde 1987 für seine pflanzenzüchterischen Leistungen mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet. Außerdem erhielt er die Ehrensenatorwürde der Universität Hohenheim.)
(Gertrud Francks Wirken muss auch im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit ihres Mannes Dr. Hannfried Franck gesehen werden. Der Saatzuchtunternehmer Dr. Hannfried Franck wurde 1987 für seine pflanzenzüchterischen Leistungen mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet. Außerdem erhielt er die Ehrensenatorwürde der Universität Hohenheim.)
Heute reden alle wieder von Mischkultur. In jedem Gartenbuch
wird sie thematisiert. Niemand sonst hat sie so gründlich erprobt wie Gertrud
Franck in ihrem Gutsgarten. Sie betrieb Versuchsanbau, so wie es damals möglich
war. Ich wage zu behaupten, dass fast alle nachfolgenden Veröffentlichungen auf
ihren Angaben beruhen und niemand mehr sich die Mühe gemacht hat, die
Mischkultur systematisch zu erforschen.
Mehr über Gertrud Franck und ihr Mischkultursystem steht in meiner Dissertation "Der private biologische Gartenbau in Süddeutschland seit 1945 – Die Rolle der Pioniere und Veränderungen im Wissenstransfer". Gertrud Francks Veröffentlichungen sind nur noch antiquarisch erhältlich.
Mehr über Gertrud Franck und ihr Mischkultursystem steht in meiner Dissertation "Der private biologische Gartenbau in Süddeutschland seit 1945 – Die Rolle der Pioniere und Veränderungen im Wissenstransfer". Gertrud Francks Veröffentlichungen sind nur noch antiquarisch erhältlich.