Text gekürzt und leicht verändert entnommen aus "Der private biologische Gartenbau in Süddeutschland seit 1945 – Die Rolle der Pioniere und Veränderungen im Wissenstransfer" von Brunhilde Bross-Burkhardt. Quellenverweise und Bilder befinden sich in der Originalveröffentlichung.
Gertrud Franck ist die Autorin eines der grundlegenden Bücher über
Mischkultur mit dem Titel Gesunder Garten
durch Mischkultur. Es ist zwischen 1980 und 1991 in acht Auflagen mit einer Gesamtauflage von ca. 100.000 Exemplaren erschienen. Dieser Buchveröffentlichung gingen seit 1957 Veröffentlichungen in der Zeitschrift Boden und Gesundheit sowie die Herausgabe von schmalen Broschüren Gesundheit durch Mischkultur und Der Mischkulturengarten voraus, die ebenfalls in einer annähernd so hohen Auflage erschienen sind. Gertrud Franck setzte, vermutlich angeregt durch Huberta von Bronsart, die häufig bei den Francks zu Gast war und auf dem Hof Vorträge für die Lehrlinge und Angestellten hielt,
die Angaben von Albert Georg Wirth und anderen um und entwickelte sie weiter.
Als Fläche für ihre Versuche und Erprobungen diente Gertrud Franck ihr ca. 1
Hektar großer Gutsgarten mit Gemüse und Beerenobst und einem Ziergartenteil.
Diesen Garten bewirtschaftete sie mit Hilfe der weiblichen Lehrlinge in der
Hauswirtschaft und mit weiteren Hilfskräften vom landwirtschaftlichen
Saatzuchtbetrieb ihres Mannes Hannfried Franck.
Gertrud Franck fing vermutlich Mitte bis Ende der 1940er-Jahre
an, gezielt mit der Mischkultur zu experimentieren. Die interviewten weiblichen
Lehrlinge in der Hauswirtschaft,
die um 1950 auf dem Hof waren, berichten, dass es im Garten Versuchsparzellen
gegeben habe, auf denen mehrere Wiederholungen von bestimmten
Gemüsekombinationen angelegt gewesen seien. Brunhilde Haaf erinnert sich
außerdem an Düngungsversuche mit verschiedenen Mistdüngungsvarianten
(Schweinemist, Kuhmist, Rossmist, Geflügelmist). Gertrud Francks Aufzeichnungen über ihre Versuche liegen nicht vor, so dass ihr System hier anhand ihrer Veröffentlichungen und anhand von Informationen aus persönlichen Begegnungen mit ihr dargestellt werden. (Siehe ältere Veröffentlichung in diesem Blog)
Bild 21a-d: Mischkulturgarten von Gertrud Franck
Anfang der 1950er-Jahre. Die Fotodokumente zeigen die Dimension dieses Gartens,
der eher die Größe eines Versuchsfeldes hatte. Fotos: privat
Bild 22a+b: Mischkulturbeispiele im Garten von
Gertrud Franck: (links) Kohl mit Kartoffeln, (Mitte) Sellerie mit Lauch/Porree.
Fotos: privat
Reihenmischkultur ohne Zwischenwege
Gertrud Franck stellte in ihren
Veröffentlichungen eine Reihenmischkultur ohne Zwischenwege bzw. Trittwege vor,
wie sie sie selbst angelegt hatte. Um das Mulchen im Gemüseland möglich zu
machen, empfahl Gertrud Franck einen gleichbleibenden Reihenabstand von
zunächst 40 Zentimeter, in späteren Veröffentlichungen von 50 Zentimeter. Der
Raum zwischen den Kulturreihen wird zunächst von Gründüngungspflanzen wie
Spinat oder Ackerbohnen eingenommen, die später abgehackt werden und als Mulch
liegen bleiben. Gertrud Franck nannte diese Gründüngungsreihen auch Vorsaaten.
Darauf wird im Laufe des Sommers ständig neues Mulchmaterial ausgebracht, mit
dem Ziel, kein Fleckchen Erde unbedeckt zu lassen. Wie Ewald Könemann unter dem
Schlagwort „Immergrüne Wirtschaft“ propagierte Gertrud Franck das ständige
Bedeckthalten des Bodens mit Gründüngungseinsaaten und Flächenkompostierung
bzw. Mulchen. Die gemulchten Zwischenräume dienen als temporäre Trittwege, bei
deren Betreten der Boden nicht verdichtet wird.
Der einmal aufgestellte
Mischkulturplan, der alle bekannten positiven Wechselbeziehungen,
Verträglichkeiten und Unverträglichkeiten der Gemüse untereinander
berücksichtigt, kann immer wieder verwendet werden. Die Gemüsereihen rücken
lediglich um 25 cm weiter. Bei sorgfältiger Planung ist ein Fruchtwechsel
bereits inbegriffen. Gertrud Franck nannte diese Einteilung „rollierendes System“.
Bild 23: Mischkulturplan für eine durchgehende
Reihenmischkultur von Gertrud Franck. Entnommen aus: Gesundheit durch
Mischkultur
Wie Wirth und Könemann gruppierte
sie die Gemüsereihen um dominierende Hauptkulturen bzw. Leitkulturen wie
Tomaten, Stangenbohnen oder Spätkohl, die den Platz im Garten lange einnehmen
und einen ausladenden oder hohen Wuchs haben. Die Hauptkulturen bezeichnete sie
als a-Kulturreihe, die Mittelreihen als b-Reihen und die Kurzzeitreihen als
c-Reihen. Auf Plänen und im Garten zum Demonstrieren markierte sie die Reihen
mit verschiedenfarbigen Hölzern – a mit rot, b mit grün und c mit blau. Die
Abfolge der Reihen war immer gleich: a-c-b-c-a-c-b-c-a, usw., jeweils im 50
cm-Abstand.
Liniensaaten mit Spinat
Ein wesentlicher Bestandteil der
Mischkultur nach Gertrud Franck waren und sind die Spinat-Einsaaten. Der Spinat
wird in Reihen als so genannte „Liniensaat“ im Frühjahr vor allen anderen
Kulturen im gesamten Gemüseland ausgesät. Frau Franck begründete das intensive
Einbeziehen des Spinats mit dessen weichen Blattmassen und den
Saponinausscheidungen in den Boden. Spinat habe eine rasche düngende Wirkung,
die absterbenden Wurzeln und die abgehackten Blätter würden eine Startfütterung
für die Bodenorganismen geben, die ihrerseits intensiv tätig würden. Die dabei
freigesetzten Nährstoffe kämen nachfolgenden Gewächsen zugute. Zum Beispiel
solle bei den eisenbedürftigen Rosen eine Untersaat von Spinat die
Eisenaufnahme fördern und die Rosen besonders prächtig gedeihen lassen. Als weitere Gründüngungspflanze verwendete Gertrud Franck Gelbsenf. Das Saatgut der Sorte ‘Dr. Franck’s Hohenheimer Gelbsenf’ stammte übrigens aus
der Saatzucht ihres Mannes Hannfried Franck.
Gertrud Franck praktizierte die
Mischkultur nicht nur im Gemüse- und Kräutergarten, sondern auch im Ziergarten.
Sie wusste von den Problemen der Gartenbesitzer mit Schädlingen und Krankheiten
an Rosen und anderen Zierpflanzen und empfahl, die Grundordnung des
Mischkulturengartens auch auf den Blumenteil zu übertragen – also die Kulturen
zu mischen.
Bild 24: Liniensaaten von Spinat in einem
Mischkulturgarten, der nach der Methode von Gertrud Franck bestellt wird.
Der Spinat ist abgehackt und bleibt als Mulchdecke liegen. Foto:
Brunhilde Bross-Burkhardt
Mischkultur berücksichtigt Morphologie der Pflanzen
Gertrud Franck achtete bei ihren Mischkulturvarianten
darauf, dass sich die Gemüse in ihren morphologischen Eigenschaften sowohl über
als auch unter der Erde ergänzten: Der Porree (Lauch) kommt mit wenig Licht aus
und kann ohne Ertragsverlust in den Schatten zwischen zwei Tomatenreihen
gepflanzt werden. Früher Blumenkohl und Sellerie ergänzen sich gut. Sellerie
gilt als mit sich selbst nicht verträglich, deshalb wird Blumenkohl
dazwischengepflanzt. Blumenkohl hat eine kurze Vegetationszeit, räumt früh und
lässt dem Sellerie Platz, sich im Spätsommer und Herbst auszubreiten. Außerdem
schützt Blumenkohl vor Sellerierost, und Sellerie vertreibt den Kohlweißling.
Nach Gertrud Franck gibt es nur wenige wirklich ungünstige Nachbarschaften:
Bohnen und Zwiebeln, Kohl und Zwiebeln, Blaukraut und Tomaten, Petersilie und
Kopfsalat, Rote Rüben und Tomaten, Kartoffeln und Zwiebeln passen nicht zusammen. Ein wesentlicher Teil der Franckschen Mischkultur ist also dieses Miteinander,
das sich aus unterschiedlicher Keim- und Entwicklungsdauer, Lichtbedürftigkeit
und Schattenverträglichkeit und verschiedenen morphologischen Eigenschaften
ergibt. Ein Mischkultursystem, wie
es Gertrud Franck propagierte, geht über den reinen gemischten Anbau hinaus und
bezieht andere Kulturmethoden wie Mulchen bzw. Flächenkompostierung,
Gründüngungssaaten sowie praktische Handhabungsaspekte mit ein.
Gertrud Franck zog bewusst auch
einjährige Kräuter in die Mischkultur mit ein. Außerdem setzte sie
Kräuterjauchen aus Brennnesseln, Comfrey und anderen weit verbreiteten
Wildkräutern wie Löwenzahn, Bärenklau, Wegerichblätter und Schafgarbenkraut an
und nahm sie zur Düngung und Pflanzenkräftigung. Mit den Kräuterjauchen sollten nicht die Pflanzen direkt gedüngt werden, sondern
der Boden. Gertrud Franck wollte mit den Kräuterjauchen dem Boden auch
Heilstoffe zurückgeben. Die Jauchen gab Gertrud Franck zum
Gemüse, aber auch zu den Erdbeeren im Herbst und zu Bäumen, Rosen und Stauden,
gerne „ins offene Maul“, wenn sie die Nährstoffe am besten aufnehmen. Die
Schwestern der Abtei Fulda befassten sich auf Anregung von Gertrud Franck ebenfalls
mit Kräuterzubereitungen und veröffentlichten ihre Erfahrungen in der Broschüre Pflanzensaft gibt Pflanzen Kraft.
Vorteile der Mischkultur auf kleinen Beeten kaum zu erwarten
Gertrud Franck präsentierte in ihren Veröffentlichungen ein
weitgehend in sich geschlossenes System, das sich nahezu aus sich selbst heraus
erhalten kann, mit minimaler Zufuhr von Stoffen von außen. Auf ihrem sehr
großen Gartengrundstück, das eher die Größe einer Gärtnerei hatte und mit
Randbereichen, aus denen sie organisches Material holen konnte, hat dieses
System hervorragend funktioniert. Es ist ein gutes Beispiel für eine
nachhaltige, Ressourcen schonende Gartennutzung. Meistens wird das Francksche
Mischkultursystem jedoch auf kleine Gartenbeete übertragen oder nur einzelne
Aspekte daraus umgesetzt. Unter solchen, viel kleiner strukturierten,
Bedingungen können sich die Vorteile des Systems bei weitem nicht so gut
entfalten wie in einer großen Anlage.