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Kompostiervorführung mit dem Langenburger Bürgermeister Fritz Gronbach. Foto entnommen aus Boden und Gesundheit Nr. 50/1965-66 |
II. Die Gesellschaft Boden und
Gesundheit in Langenburg
Von Dr. Brunhilde Bross-Burkhardt
Ab dem Frühjahr 1961 suchte Wolfgang von Haller nach einem
geeigneten Ort für einen „Lehrhof“, der Mittelpunkt der praktischen Arbeit
werden sollte. Der damalige Langenburger Bürgermeister Fritz Gronbach, der selbst großes Interesse an biologischem Land- und Gartenbau und an Ernährungsfragen
hatte, meldete sich mit einem Angebot. Er sah eine Chance, gemeinsam mit der
Gesellschaft einen Kurbetrieb in dem kleinen Residenzstädtchen Langenburg
aufzubauen und damit den Tourismus zu beleben. Daraufhin zog Wolfgang von
Haller und mit ihm die Geschäftsstelle der Gesellschaft Boden und Gesundheit
nach Langenburg in Nordwürttemberg. Die Gesellschaft konnte hier einen alten
Bauernhof zu einem günstigen Preis pachten.
Bei der Ansiedlung in Langenburg wollte Wolfgang von Haller
eine Art kleines „Eden“ – nach dem Vorbild der Obstbau-Siedlung Eden bei
Oranienburg – schaffen, und suchte ein Gelände, auf dem sich Mitglieder der
Gesellschaft ansiedeln und Selbstversorgerwirtschaft betreiben konnten. Gedacht
war auch an ein Kurheim und eine Gärtnerei mit Versuchsgelände. Die
Gesellschaft konnte ein etwa 10 000 Quadratmeter großes Grundstück am Ortsrand
von Langenburg sehr günstig für 3 DM pro Quadratmeter erwerben. Das Grundstück
wurde in neun Baugrundstücke sowie ein Gemeinschaftsgrundstück aufgeteilt. Auf
dem Gemeinschaftsgrundstück sollte das Verwaltungsgebäude von Boden und
Gesundheit sowie eine kleine Gärtnerei entstehen. Im Bebauungsplan der Gemeinde
wurde festgeschrieben, dass die Gärten biologisch zu bewirtschaften seien
(insbesondere war es verboten, Spritzmittel anzuwenden). In diesem
Siedlungsgebiet durften auf den Grundstücken keine Garagen gebaut werden, um Luft verpestende Autos fern zu halten. Die Grundstücke wurden schnell
verkauft. Es zeigte sich dann aber, dass nur wenige Mitglieder tatsächlich hier
bauten. Einige Grundstücke wurden bald an außen stehende Personen, die kein Interesse an den Zielen von „Boden und Gesundheit“ hatten, weiter verkauft.
Der Versuch, eine Öko-Siedlung zu schaffen, scheiterte.
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Zusammenarbeit mit anderen
Organisationen
Wolfgang von Haller arbeitete eng mit der Bauernschule
Hohenlohe im wenige Kilometer entfernten Dorf Weckelweiler zusammen. Er hielt bei den Land- und Gartenbaukursen an der
Bauernschule Vorträge und bot mit seinem Büchertisch die aktuelle einschlägige
Literatur über Landwirtschaft, Gartenbau, Ernährung und Medizin an.
Die Gesellschaft Boden und Gesundheit organisierte auch in
Langenburg Tagungen. Erwähnenswert sind die so genannten „Existenzkonferenzen“
in den Jahren 1970, 1971, 1972, die in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen
Gesellschaft für biologischen Gartenbau (SGBL) stattfanden. Die erste Konferenz fand
unter dem Generalthema „Die Alternative zum Untergang“ statt. Die zweite
Konferenz in der Schweiz stand unter dem Motto „Ein neuer Lebensstil muss
erprobt werden als Alternative zu Chaos und Untergang“. Tagungsort der dritten Konferenz
mit dem weit gesteckten Themenfeld „Ökologie – Umweltschutz – Politik“ war
wieder Langenburg.
Landwirte aus vielen Teilen der Welt kamen nach Langenburg,
zum Beispiel 1974 im Anschluss an den 10. Internationalen Kongress der
französischen Organisation „Nature et Progrès“ . Die Gesellschaft unterstützte
die "Aktion Mazibuko" und rief 1980 zu Spenden für Baumpflanzaktionen in
Südafrika auf.
Großes Ziel „Öko-Zentrum“
Ab etwa 1970 nahm das Interesse in der Bevölkerung für die
Ziele von Boden und Gesundheit zu. Die Gesellschaft nahm sich vor, ihre
Aktivitäten zu intensivieren und ein Öko-Zentrum aufzubauen. Das bis dahin
genutzte alte Bauernhaus war dafür zu klein. 1972 fand der Umzug in das so
genannte Öko-Zentrum in der Gartenstraße statt. Mit Spenden von Mitgliedern und
von Freunden konnte der Kauf von zwei Wohnungen mit Gartengelände finanziert
werden. Bei diesem Öko-Zentrum handelte es sich um ein Büro mit Bibliothek und
Buchversand sowie die Wohnung von Wolfgang von Haller. Im Garten und auf der Obstwiese
erprobte Wolfgang von Haller mit Helfern gärtnerische Methoden. Zusätzlich
wurden im ehemaligen Amtsgerichtsgefängnis von Langenburg Räume fürs Archiv und
als Lager gemietet.
Im Herbst 1979 kaufte die Gesellschaft das ehemalige
Gefängnisgebäude. Geplant war, im Gebäude ein Ökozentrum mit Seminarräumen und
Übernachtungsmöglichkeiten für Gäste zu schaffen. Der Kauf konnte wiederum mit
Spenden finanziert werden. Es stellte sich im Nachhinein heraus, dass die
Umbaukosten des klotzigen, mehrstöckigen Gebäudes den kleinen Verein Boden und
Gesundheit überfordert hätten. So wurde das Gefängnisgebäude 1984 wieder
verkauft.
Mit der großzügigen Spende eines Mitglieds konnte die
Gesellschaft 1977 den Wacholderhof im Schwäbischen Wald erwerben, der zu dem lange
geplanten Lehrhof nach dem Gärtnerhofmodell ausgebaut werden sollte. Dieses
Projekt wurde erfolgreich in einer anderen Trägerschaft verwirklicht. (Siehe hierzu Teil 4 dieser Serie.)
Die Gesellschaft im letzten Jahrzehnt ihres Bestehens
Ab 1980 suchte der damals 75-jährige Wolfgang von Haller dringend nach Nachfolgern. Die beiden Diplom-Agraringenieure Brunhilde Bross und Carsten Lüthje wurden Anfang 1982 als Schriftleiterin bzw. als Geschäftsführer eingestellt. Die beiden blieben bis Ende 1983. Danach folgte von 1984 bis 1986 Jürgen Lüders als Schriftleiter des Nachrichtenblattes. Nach seinem Weggang übernahmen Vorstandsmitglieder die Schriftleitung. Wolfgang von Haller selbst zog Anfang 1982 in die Steiermark, um seine Idee eines Gärtnerhofes zu verwirklichen. 1984 wurde er zum Ehrenvorsitzenden der Gesellschaft Boden und Gesundheit ernannt. Ab 1. Oktober 1986 wurde die Geschäftsstelle nur noch nebenamtlich von den Vorstandsmitgliedern geführt.
Auf Beschluss der Mitgliederversammlung am 16. Oktober 1988 wurde die „Gesellschaft Boden und Gesundheit, gemeinnützige Gesellschaft für angewandte Ökologie e.V.“ nach 40-jährigem Bestehen aufgelöst. Aufgrund des Rechnungsberichts war klar, dass die Gesellschaft finanziell nicht mehr zu halten war. Zu dem Zeitpunkt hatte sie noch 440 Mitglieder und 230 Abonnenten des Nachrichtenblattes. Wolfgang von Haller kehrte nach einigen Jahren in der Steiermark wieder zurück nach Langenburg und starb am 14. 10. 1995.
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