Montag, 23. September 2013

Urban Gardening - wenig Gartenbau, viel Aktionismus


Offenbart sich in den Stadtgärten wirklich ein neuer Trend des Gärtnerns? Man schaue sich „Urban Gardening“-Projekte vor Ort an und verlasse sich nicht auf die schönfärberischen Bilder in den Magazinen; dann bietet sich oft ein wenig einladender Anblick von kümmerlichem Gemüse in Kisten. Meine 84-jährige Mutter, die ihren sehr großen Nutzgarten sorgfältigst bewirtschaftet, schüttelte beim Betrachten der Container in Berliner Projekten nur den Kopf. Ihr Kommentar: „Das sollen Gärten sein?“

Auf dem Tempelhofer Feld in Berlin im Oktober 2012. Foto: Bross-Burkhardt

In der Tat entsprechen die Beispiele nicht landläufigen Vorstellungen von einem Garten. Ich halte sie eher für soziologische Experimentierfelder für entwurzelte Großstädter, die gerne unter Anleitung gemeinschaftlich etwas tun und der Natur verbunden sein wollen. Alles bleibt indes unverbindlich und temporär.

Gartenbau im eigentlichen Sinn verfolgt dagegen einen anderen Zweck und ist auf Langfristigkeit angelegt. Ziel ist, Essbares zu ernten. Für gute Ernten kommt es darauf an, den Boden zu pflegen, ihn ertragsfähig zu halten. Das verlangt kontinuierliche Zuwendung und stete Arbeit über Jahre und Jahrzehnte.

Dies demonstrieren die Bäuerinnen und Bauern und sehr viele Landbewohner in ihren Nutzgärten schon von jeher, ohne viel Aufhebens davon zu machen. In ihren Gärten gedeiht das Gemüse und das Obst, mit denen sie sich zu einem guten Teil selbst versorgen. Diese Gärten sind wichtiger Teil des Alltagslebens in den Familien, und das oft schon seit Generationen. Sie sind nicht die Bühne für Selbstinszenierungen und Schauplatz einer beliebigen Freizeitaktivität, die grade „angesagt“ ist. Diejenigen, die diese Gärten bewirtschaften, und nicht die Möchtegern-Gärtner in der Stadt, verdienten Anerkennung und viel mehr Beachtung in der Öffentlichkeit.